Brüssels Grenze ist das nationale Verfassungsrecht

Brüssels Grenze ist das nationale Verfassungsrecht

EuGH
FAZ.net

EU gegen Deutschland : Machtkampf um Medienpolitik


 
 
 
legal 1st Kommentar:

Es paßt in den Kontext:

“In Deutschland sind die Landesmedienanstalten für die Aufsicht der Digitalkonzerne zuständig. Das lehnt die EU-Kommission ab. Brüssel will selbst bestimmen.”

Das EU-Recht steht nicht über dem nationalen Verfassungsrecht. Dies wird an keiner anderen Stelle so deutlich, wie im Medienrecht.

Sind im deutschen Verfassungsrecht Mediengrundrechte wie Pressefreiheit oder Rundfunkfreiheit durch den Staat zu gewährleisten, finden sich im EU-Recht, der Grundrechte-Charta nur die Formulierung:

Art. 11
Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit

(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.

(2) Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.

 

Zwischen der Achtung der Medienfreiheit und der Gewährleistung von Mediengrundrechten klafft eine riesige Lücke.
Das deutsche Verfassungrecht nimmt den Staat in die Pflicht für die Freiheiten zu  sorgen, die Demokratie und Rechtsstaat hervorbringen – Meinungsfreiheit durch Medienfreiheit. Anders die EU, die als supranationale Wirtschaftsgemeinschaft ausschließlich wirtschaftliche Interessen im Blick hat, ohne das wertemäßige Fundament zu realisieren oder zu gewährleisten.
“Die EU-Kommission plant ein paneuropäisches Mediengesetz, das die bisherigen Gesetze  der Mitgliedstaaten ersetzt. Deswegen will sie aktuelle, nationale Gesetze erst gar nicht zulassen. Und sie plant eine paneuropäische Medienaufsichtsbehörde, die allein das Sagen hat.”
 
Vor diesem Hintergrund sind auch Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland oder die Auseinandersetzung um die Rechtsstaatlichkeit in Polen zu betrachten.
Die EU-Kommission versteckt sich in Ermangelung der eigenen Durchsetzungsfähigkeit hinter dem EuGH. Wenn Polen die europäischen Verträge verletzt, dann muß die Kommission daraus Konsequenzen ziehen und Polen den Geldhahn zudrehen. Aber das Argument zu spielen, der EuGH stünde über dem nationalen Verfassungsrecht, ist falsch, europafeindlich und war ein Baustein zum Austritt GB.
Polen verletzt massiv die Rechtsstaatlichkeit bei der Besetzung von Gerichten, der Behandlung von Medien und vielem mehr, aber all dies  liefert kein Recht zur Einmischung in die nationalen Angelegenheit der Polen, dies liefert nur das Recht, Zuwendungen und Hilfen aus der EU  an Polen einzuschränken.
So wie es in Polen ein “zu wenig” gibt, kann es auch ein “echtes mehr” geben. Das ist eben den nationalen Verfassungen vorbehalten und von der EU im Rahmen der geschlossenen europäischen Verträge zu respektieren.
 
Denn wie die gegenwärtige Debatte um die Medienpolitik zeigt: das nationale Medienrecht zur Vielfaltssicherung und Gewährleistung der Medienfreiheit ist mehr, als die wirtschaftliche Sichtweise der EU-Kommission garantieren kann. Das nationale Medienrecht ist ein Element zur Sicherung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, aus denen sich die EU und ihre Institutionen mit Blick auf das Grundgesetz erst ableiten lassen.
Daß der EU-Kommission zugeordnete Wettbewerbsrecht hat für die Vielfaltssicherung der Medien als Garant für die Informiertheit der Gesellschaft nur eine dienende Rolle. Das Wettbewerbsrecht soll viele verschiedene Medienangebote von vielen verschiedenen Medienanbieter garantieren – mehr nicht.
Weil Medienpolitik für die Gesellschaft aber sehr viel mehr als reiner wirtschaftlicher Wettbewerb auf dem Medienmarkt ist, hat die EU-Kommission hier keine Kompetenz eine europäische Medienaufsichtsbehörde zu schaffen.
Es ist richtig, daß sich die Landesmedienanstalten wehren, und gemeinsam mit Bund und Ländern handeln.
 

 

Eine Antwort

  1. Ulf Birch sagt:

    Eine vollkommen richtige und zutreffende Analyse – und eine notwendige, damit im Medienrecht klar ist, dass die EU nicht nationales Recht aushebeln kann. Hier gilt halt nicht der Satz “ober sticht unter”!

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