Anspruch und Wirklichkeit: Mit dem Impfangebot an alle müssen die Grundrechtseinschränkungen fallen

Anspruch und Wirklichkeit: Mit dem Impfangebot an alle müssen die Grundrechtseinschränkungen fallen

Impfen gegen Corona
Aus: SZ

Außenminister Maas für baldige Lockerungen

 
 
 

Zwischen Anspruch und Wirklickeit:

Außenminister Maas in SZ: “Wenn Impfangebote für alle verfügbar seien, gebe es “rechtlich und politisch keine Rechtfertigung mehr” für Einschränkungen. Schon im August könne es so weit sein.”
Diese Äußerung des Außenministers wird öffentlich diskutiert, als wenn sie etwas Außergewöhnliches wäre. Aber ist die Aufhebung aller Einschränkung nicht verfassungsrechtlich geboten, wenn alle Bürger sich frei für oder gegen eine Impfung entscheiden können, und ging es im Jahr 2020 nicht immer nur um den Schutz der “Schwächsten” in der Gesellschaft? Eine staatliche Fürsorgeleistung die entfallen muß, wenn dieser Schutz über wahrnehmbare Angebote an alle gewährleistet ist?
Rückblick:
 
11. März 2020
Veröffentlichung der Bundesregierung

Coronavirus in Deutschland Merkel ruft zu Solidarität auf

Bundeskanzlerin Angela hat die Bevölkerung in Deutschland zu Solidarität aufgerufen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Es gehe darum, Zeit zu gewinnen und das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. So würden Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen geschützt.

“Es geht um das Gewinnen von Zeit”, erläuterte Merkel. Das Vorgehen in Deutschland sei davon bestimmt, dass unser Gesundheitssystem nicht überlastet werde. Das kann man erreichen, indem man die Ausbreitung des Virus verlangsamt – zum Beispiel durch Absagen von Großveranstaltungen.

Die Bundekanzlerin betonte, dass es gerade auch um den Schutz älterer Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen gehe. “Da sind unsere Solidarität, unsere Vernunft, unser Herz für einander auf eine Probe gestellt.”

26. März 2020

Veröffentlichung des Bundesgesundheitsministeriums – Zeit Interview

Spahn: “Unsere Gesellschaft hält die Einschnitte durch, solange sie gut nachvollziehbar begründet sind.”

“Eine Sehnsucht nach autoritären Lösungen?

Eher ein menschlicher Zug, eine Unsicherheit. Da ist dieses Virus, das man nicht kennt, die Bilder von den Särgen in Italien und die Sorge um die eigene Familie. Da wünschen sich viele ein möglichst drastisches Durchgreifen. Das verstehe ich gut. Aber Vorschriften alleine reichen nicht. Allein mit Zwang halten wir diese Einschränkungen nicht durch. Der Verzicht muss vielmehr aus Einsicht geschehen. Sonst löst staatlicher Zwang früher oder später eine Gegenreaktion aus. Die Einschränkung mögen jetzt noch breit mitgetragen werden, auch in den Medien. Aber wir müssen uns die Frage der Verhältnismäßigkeit immer wieder neu stellen. In einem freiheitlichen Rechtsstaat werden diese Einschränkungen auf Dauer nicht hingenommen.”

Wie lange hält unsere Gesellschaft das durch?

Sie hält es solange durch, wie die Einschnitte nachvollziehbar begründet werden. Und so lange sie eine Perspektive hat, dass diese Zeit auch wieder endet. Mir ist sehr bewusst: So eine Situation gab es in unserer freiheitlichen Gesellschaft noch nie. Was machen Familien, in denen beide Elternteile arbeiten? Nehmen sie eine Pflegekraft. Sie müsste eigentliche zuhause bleiben, weil ihre Kinder nicht mehr in den Kindergarten gehen können. Gleichzeitig wird sie im Krankenhaus gebraucht. Was für ein emotionaler Stress! Und dann die Eingriffe in die Grundrechte, in den Alltag der Menschen: Versammlungsfreiheit. Gewerbefreiheit. Religionsfreiheit. Bewegungsfreiheit. Freiheit der Lehre – all das haben wir in großem Umfang eingeschränkt. Das geht nicht auf längere Zeit in einer freiheitlichen Bürgergesellschaft.”

Genauso wenig wie eine Hamburger Verwaltung entscheiden darf, ob ein geimpfter Nichthamburger ein Fußballstadion betreten darf oder nicht (Art 11 GG (1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.), kann den Menschen ihre Grundrechte verweigert werden, wenn die Voraussetzungen – Erforderlichkeit, Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit – entfallen sind. Diese Voraussetzungen sind entfallen, wenn jeder sich frei für oder gegen eine verfügbarbare Schutzmaßnahme entscheiden kann, z.B. eine Impfung. Würde der Staat weiter die freie Entscheidung der Bürger nicht akzeptieren und stattdessen  einschränkende Maßnahmen aufrechterhalten, dann wäre dies eine andere staatliche Rolle als im Grundgesetz festgelegt. Der Staat würde dann die “Verantwortung des Bürgers für seine eigene Gesundheit” als staatliche Aufgabe übernehmen, und müßte in der Konsequenz in alle gesundheitsgefährdenden Verhaltensweisen der Bürger reglementierend eingreifen: Totalverbot von Rauchen, Totalverbot von Alkohol, Verbot bestimmter Ernährungsweisen, Verbot von bestimmten Sportarten, Verbot, Verbot, Verbot,…..

Über Konsequenzen aufklären, aber dann die Selbstgefährdung zulassen, ist Selbstbestimmung und Freiheit. Der Staat kann nur die denkbare Drittgefährdung verhältnismäßig minimieren, ohne sie jedoch 100% ausschließen zu können. Denn auch an dieser Stelle greift der Freiheitsgedanke und die Selbstbestimmung mit Selbstverantwortung.

Für Corona bedeutet dies: Wer sich schützen will, kann sich impfen lassen und frei entscheiden, ob er sich z.B. bei einer Großveranstaltung teilnehmen möchte. Allein diese Entscheidungsfreiheit zu haben, weil genug Impfstoff da ist, ist ein unendliches Privileg in Freiheit. Wer sich gegen eine Impfung entscheidet – aus welchen Gründen auch immer – entscheidet bei genug Impfstoffangeboten nur für sich selbst, weil alle anderen sich durch Impfung vor ihm schützen können. So funktionieren alle Impfungen die wir kennen.

Dieses Freiheitsverständnis gilt es aber die Welt zu transportieren, und es hängt von der ausreichenden Verfügbarkeit von Impfstoff ab. Die Beschlüsse in GB der G7-Staaten: 2,3 Milliarden Impfdosen wollen die G7 an ärmere Länder verteilen, sind ein Anfang, aber nicht ausreichend. Ebensowenig wie die Forderungen nach Aufhebung des Patentschutzes, weil dann niemand mehr Impfstoff entwickeln wird.

 

 

 

 

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